Eine Grenzerfahrung zwischen Rückgrat und Reserven.
Ein Film der mit atemberaubenden Bildern, die fixe Idee einer Gratüberschreitung
von Alpinist Michi Wohlleben dokumentiert.
Wer käme schon auf die Idee, den wenig bis gar nicht begangenen Wetter Stein Grat am Stück und ohne
Pause beschreiten zu wollen. In Zahlen umfasst dieses Vorhaben: 70 km und 7.000 hm. Das Gelände ist
hauptsächlich charakterisiert durch brüchiges und feinsplittrigem Gestein (Schrofen) sowie zahlreichen
äußerst ausgesetzten Stellen. Hier erstreckt sich der Grat über eine Reihe imposanter Gipfel, wie der
Alpspitz, Zugspitze, Dreithornspitze und dem Schlüsselkar.
Bei den bekannten Namen kommen einem ausgiebige Tagestouren in den Sinn, anstatt an eine einzige
zusammenhängende Tour. Für Wanderer wird diese Tour als ambitionierte Tour mit sechs bis sieben Tage
beziffert.
Michi Wohlleben – deutscher Profialpinist, Bergführer und Adidas TERREX Athlet – hat sich seit einigen
Jahren die fixe Idee in den Kopf gesetzt, diese Gipfel in einer Tour zu verbinden und alles an einem Stück
zu begehen – natürlich nicht irgendwie, sondern so schnell wie möglich. Das eigens gesetzte Ziel für diese
Beschreitung beträgt 35 Stunden.
Im Vorfeld hat Michi sehr umfangreich trainiert und sich äußerst intensiv, auf dieses ‚Projekt‘, wie er es
nennt – vorbereitet. Monatelang. „Du trainierst so hart, um tot noch zu laufen.“
Durch seine Bergtouren kannte er das Gebiet bereits gut und ist einzelne Passagen im Vorfeld
abgegangen, da das Gelände wenig begangen und teils sehr ausgesetzt ist, galt es die Route und ihre
Schlupflöcher im Vorfeld zu identifizieren, um ein schnelles und sicheres Vorankommen zu gewährleisten.
Das ganze Vorhaben wird durch eine Filmcrew von Whiteroom Productions begleitet. Unglaublich schöne
und atemberaubende Bilder dieser schroffen, kalten, spitzen, imposanten und wahnsinnige schönen
Giganten entstehen – mit einem teils winzigem tänzelnden farbigen Punkt inmitten – Michi, der sich Schritt
für Schritt vorarbeitet. Ein unbeschreiblich schönes Bergpanorama ist zu sehen. Gänsehaut pur.
Wir sind eben doch nur kleine winzige Teilchen im großen Bergweltkosmos und dennoch können wir
unvorstellbares leisten – jeder einzelne Schritt zahlt am Ende auf ein großes Ganzes ein. Spielerisch und
leichtfüßig, ruhig und bedächtig, arbeitet sich Michi vor. An Schlüsselstellen wie dem Start bei Nacht und
nach diversen Stunden Durchlaufen wird Michi begleitet, von David Bruder anfangs und seinen Trainier &
Freund Alex Scherl am Ende.
„Wenn man mal 24 Stunden am Stück gelaufen ist, weiß man wie man sich fühlt, es ist kaum möglich auf
einer Straße noch geradeaus zu laufen – das hier ist aber keine Straße…“
Mit der aufgehender Sonne steigen die Temperaturen und die Herausforderung. Die Energie ist eingeteilt,
genauso wie die Flüssigkeitsversorgung, d.h. langsamer ist mehr, um am Ende noch genügend Reserven
zu haben und das angestrebte Ziel zu erreichen.
Beeindruckend ist nicht nur das gesetzte Ziel und die wahnsinnig beeindruckende Berglandschaft,
sondern auch mit welchem Kalkül und Bedacht, Michi diese Tour bestreitet.
Denn nach 18 Stunden, 45 km, 4.000 hm und nach Erreichen der Gatterlköpfe wartet bereits die nächste
große Herausforderung auf ihn. Quellwolken ziehen auf. Sieben Stunden müssen Michi und Alex in einem
Unterschlupf ausharren – es ist kalt, nass und Muskelkrämpfe stellen sich ein. Zudem die bittere Erkenntnis, dass das gesetzte Ziel hiermit in unnahbare Ferne gerückt ist.
Die größte Herausforderung: nach diesem ungeplanten Intermezzo wieder rein zu finden und weiter zu machen, nicht aufzugeben und es durchzuziehen, jeglicher Erschöpfung zum Trotz und wider der Erkenntnis die 35 Stunden Marke nicht mehr einhalten zu können. Mentale Stärke ist gefragt.
Schlaftrunken schlängelt sich Michi die letzten Kilometer entlang bis er gemeinsam mit Alex im Tal mit ca. 41 Stunden ankommt.
Michis Fazit – super zufrieden mit dem Ergebnis, zieht man die 7 Stunden unfreiwillige Pause ab, hätte es hingehauen. Michi ist überzeugt, man könne diese Route auch unter 24 Stunden schaffen – ob er das ein wird oder jemand anderes wird sich zeigen.
Wir sind gespannt und freuen uns auf die nächsten fixen Ideen dieses sympathischen und bodenständigem Alpinisten.
Mai, 2019, Nina Lang