Preisgeld JA oder NEIN?

Wertschätzung

Ultratrail und Skyrunning sind längst internationaler Spitzensport mit Rekordteilnehmerzahlen, potenten Sponsoren, hoher Aufmerksamkeit und glühenden Klickzahlen. Doch was ist mit denen, die gewinnen oder auf dem Podium stehen? Was schulden wir ihnen? Was bekommen die?

Von Denis Wischniewski

Nein, es gäbe in diesem Jahr keine Preisgelder bei den Rennen der UTMB World Series, der wohl größten Laufserie für Ultratrailrunner, wird mir von deren Pressestelle per Mail mitgeteilt, aber bei den Finals im August in Chamonix, also dem UTMB selbst, würden Sieggelder ausbezahlt. Das nutzt Hannes Namberger aktuell wenig, denn der Gewinner des Lavaredo Ultratrail wurde in Cortina zwar von tausenden Menschen bei seinem Zieleinlauf umjubelt, mit Interviewanfragen überhäuft, wie ein Rockstar gefeiert, um am Ende

dann doch nur mit einem handelsüblichen Pokal belohnt zu werden. Kein Geld für den Dynafit-Athleten für eine Leistung, die es in unserem Sport so noch immer sehr selten gibt und gab. Kein Cent bei einem der wichtigsten und populärsten Rennen unseres Sports.

Namberger, der Semiprofi und Polizist aus Ruhpolding, gehört nicht zu denen, die daraus eine große Story machen. Aber der neue Star am Trailrun-Himmel gibt dann doch zu, dass er die Wertschätzung vermisst. „Es geht nicht darum, ein Vermögen für solch einen Sieg zu bekommen, es geht um die Geste! Man trainiert viel, investiert viel, um dort vorne zu laufen. Wenn‘s auch nur 1500 Euro wären, würde es sich schon anders anfühlen.”

Was könnten also die Gründe sein, dass es bei fast allen Trail- Wettkämpfen inzwischen wenig oder gar keine Preisgelder gibt? Liegt es vielleicht auch daran, dass Profis und fast Berufsläufer:innen bei Rennen siegen, die ihre Ursprünge im Breitensport haben? Nehmen wir doch eben besagten UTMB. Dort liefen vor nicht allzu langer Zeit ambitionierte Hobbyläufer:innen und vor noch wenigen Austragungen gewannen dort keine Profis, sondern durchaus Leute, die ihr Geld mit einem Vollzeitjob verdienten, der mit Trailrunning

nichts zu tun hatte. Erst in den letzten 3,4 oder 5 Jahren professionalisiert sich der Sport in einem Maße, dass bei internationalen

Events vordere Plätze nur mit Bedingungen erreicht werden können, die nahezu Profistatus erfordern.

Die großen Marken müssen es richten? Namberger läuft für Dynafit, die im Verbund von Salewa ein großes und umsatzstarkes Unternehmen sind. Janosch Kowalczyk oder Anna Hahner rennen für Adidas durch Berge und Täler. Alle Drei bekommen von ihren Sponsoren vermutlich mehr als eine reine Aufwandsentschädigung, ein Honorar, ein Gehalt.

Kilian Jornet, Courtney Dauwalter und Jim Walmsley haben ganz bestimmt so gut verhandelt, dass sie so viel von ihren Sponsoren bekommen, um auch nach der Karriere etwas davon zu haben. Was ich sagen möchte – die Industrie, die Sportartikelhersteller haben längst erkannt, wie wichtig es ist, Teamathleten in den Reihen zu haben, sie zu unterstützen und fair zu bezahlen. Aktuell ist es ganz einfach so, dass ein guter Trailrunner, eine gute Trailrunnerin in erster Linie vom Geld und Support seiner Sponsoren lebt und nicht

im Ansatz von Preisgeldern. Es mag Ausnahmen geben: Jonathan Albon lief einmal um 1 Million US-Dollar Siegprämie beim Spartan Race und verdiente 2018 tatsächlich erstaunlich viel bei diversen Obstacle-Races, aber das ist eine Ausnahme im Feld der globalen Rennserien abseits befestigter Wege. Es scheint, als ob sich die Veranstalter also darauf ausruhen, dass ein Elitestarterfeld, für das inzwischen eine stattliche Zahl von Fans zumindest zu den großen Rennen kommt, mit Hilfe der Sponsoren das Leben, das Reisen, das Training finanziert.Aber sie vergessen dabei leider, was Hannes Namberger zu Beginn des Textes sagt – die Wertschätzung geht

verloren! Und damit das vielleicht Wichtigste überhaupt! In einer Leserumfrage haben wir einmal die Frage gestellt, wie wichtig es ist, dass man beim Trailrunning gemeinsam mit Profis am Start eines Wettkampfes steht. Ein hoher Prozentsatz antwortete, dass es sehr schön ist, dass wir Hobbysportler so nahe an Profis herankommen, mit ihnen plaudern können, es quasi keine Barrieren gibt. Der Wert

unseres Sports misst sich natürlich an den Erlebnissen, die man selbst von Events mit nach Hause nimmt und nicht daran,

dass ein paar wenige für Leistungen bezahlt werden, die für einen selbst vollkommen unerreichbar oder sogar nicht nachvollziehbar sind. Und dennoch macht es unfassbar viel Freude zu sehen, wie Topzeiten gelaufen werden, wie Streckenrekorde von Jahr zu Jahr aufs Neue gebrochen werden, oder Profis wie Kilian und Courtney so sehr die geblieben sind, die sie schon immer waren – Leute wie wir. Ich stecke nicht im Finanzplan der Rennserien-Veranstalter und man darf natürlich schon gar nicht mit dem Taschenrechner

und der schnellen Hand kalkulieren, was ein Veranstalter mit einem Rennen vermeintlich verdient. Am Ende unterschätzt man all die Ausgaben ziemlich sicher deutlich. In einem bin ich mir trotzdem sicher, nein, ganz sicher sogar: Es gibt die finanziellen Ressourcen, den Bestplatzierten ein wenigsten symbolisch angemessenes Preisgeld zu bezahlen.

Es wäre Wertschätzung für Außergewöhnliches, eine Anerkennung und ein Signal, dass wir alle Freude daran haben, diese Menschen bei der Vollbringung von Spitzensport auch weiterhin zu begleiten. Andere zu bejubeln und ein wenig anzuhimmeln ist ja auch Größe.

Hannes Namberger kann ich an dieser Stelle übrigens beruhigen. Er wird in diesem Jahr noch zu seinem Preisgeld kommen.

Es wartet in Chamonix auf ihn. Es mag spät passieren, aber es wird passieren.