KONTROLLE IST BESSER
Entschuldigung. Wer soll da bitte noch die Übersicht behalten?
So viele GPS-Sportuhren gab es noch nie im Handel und irgendwie sollen die alle alles können. Wir haben uns auf 3 konzentriert.
Behutsam wird die Nadel auf die sich drehende Polyvinylchlorid-Platte gelegt. Ein leises Knistern ertönt, gefolgt von wirbelnden Schlagzeug- und Gitarrenklängen. Wer keine Ahnung hat wovon die Rede ist, ist wahrscheinlich schon angekommen in der neuen Welt der Digitalisierung. Der Autor dieser Zeilen ist es nicht. Er dreht immer noch gern Schallplatten um. Von der A auf die B-Seite. Und er ist Trailrunner.
Die Welt verändert sich. Die Digitalisierung ist bis tief in unseren Alltag eingedrungen. Die Verdrängung der Vinylschallplatte durch digitale Musikstreamingdienste ist dabei nur ein besonders anschauliches aber vergleichbar unproblematisches Phänomen. Wir Trailrunner bewegen uns größtenteils fern dieser neuen Welt. Wir mögen es ursprünglich, wollen die Natur spüren, und lieben die Einfachheit unseres Sports. Ihr merkt es. Das ist natürlich etwas geflunkert. Denn wenn wir eines über alles lieben, dann sind es die Zahlen und Daten, die uns der beste Freund des Läufers stets frei Haus vom Handgelenk auf unsere digitalen Bildschirme zaubert: die Laufuhr!
Ein Trailrunner-Leben ohne zu wissen, wie viele Kilometer, Höhenmeter und Stunden ich diese Woche gelaufen bin – unvorstellbar! Im Urlaub einfach loslaufen und den Richtungsanzeigen der Uhr folgend neue Trails entdecken – genial! Soweit, so übersichtlich. Doch die Digitalisierung wäre nicht so bahnbrechend, würde sie sich auf diese Funktionen beschränken. Eine Laufuhr im Jahr 2020 kann noch vieles mehr. Vom Tracking sämtlicher Vitalfunktionen wie Schlafverhalten, Schritte, Atmung, Stresslevel und Kalorienverbrauch über die Kopplung externer Sensoren wie Watt- und Pulsmesser bis hin zur kompletten Smartphonisierung der Uhr, die Musikhören, Nachrichten empfangen, kontaktloses Bezahlen und vieles mehr bietet, erscheinen die Möglichkeiten grenzenlos.
Wir müssen zugeben, dass es uns beim Thema Laufuhren zunehmend schwererfiel die Übersicht zu behalten. Zu vielfältig die angebotenen Funktionen und zu komplex die Technik, die sich hinter eben jenen verbirgt. Um dem entgegenzuwirken, haben wir uns drei aktuelle Modelle der drei größten Hersteller genauer angeschaut und auf Herz und Nieren getestet. Wir wollten wissen: Was kann das jeweilige Modell? Worauf legen die verschiedenen Hersteller den Fokus? Für welchen Typ Läufer ist das jeweilige Modell geeignet?
Suunto 7 / 479 Euro
Sports and Life combined. So wird die neue Suunto 7 beworben. Tatsächlich muss man sich bei dieser Uhr von der Vorstellung verabschieden, eine gewohnte GPS-Sportuhr mit einigen zusätzlichen Smart Watch Features zu erhalten. Vielmehr ist die Suunto 7 eine echte Smartwatch, mit der man viele Sachen machen kann – eben auch Sport. Keine Uhr, die wir bis jetzt in der Hand hatten ähnelt von der Bedienung aber auch vom Optischen so sehr einem Smartphone wie die neue Suunto. Das superhochauflösende und große Display vermag sofort zu begeistern und steht einem Smartphone Display in nichts nach. Als Start-Hintergrundbild bekommt man die Heatmap seiner Region präsentiert. Cool! Aber auch vom Handling ist die Suunto 7, dank des Wear OS-Betriebssystems von Google, mehr Smartphone als Uhr. Zwar hat sie 4 Knöpfe, die Bedienung über das Touchdisplay ist aber weit intuitiver und teilweise auch alternativlos. Wie auf dem Smartphone kann man verschiedene Apps über den AppStore laden und benutzen. Hierbei ist man aber natürlich auf WLAN oder die Kopplung mit dem Handy angewiesen. Man kann Termine über die Kalender-App verwalten, Musik über Spotify hören, Spiele spielen, das Wetter checken und vieles mehr. Auch die Aktivitätsaufzeichnung und das Fitnesstracking – und das ist der Unterschied zu herkömmlichen Sportuhren – funktionieren über eine App. Beim Fitnesstracking ist man hier auf das Angebot der Google Fit App angewiesen. Die Trainingsaufzeichnung funktioniert über die Suunto Wear App. Das bringt Vor- und Nachteile zugleich. Zentrales Feature der App ist die Kartenfunktion. Man kann nicht nur zwischen Outdoor- und Winterdarstellung wechseln, sondern auch noch die Heatmaps sämtlicher Aktivitäten auf der Karte anzeigen lassen. Um die Karten auch offline nutzen zu können, muss man sie vorher runterladen. Das dauert leider einige Zeit. Einmal drauf ist die Kartenfunktion der Suunto 7 in ihrer hochauflösenden Darstellung, aber auch in ihrer einfachen Bedienung absolute Spitzenklasse. Leider sind einige gewohnte Funktionen mit der Suunto Wear App noch nicht möglich. Hier arbeitet Sunnto gerade intensiv an Software-Updates, um diese Probleme zu beheben. Ab Juni soll zum Beispiel die manuelle Einstellung der Sportmodi möglich sein. Eine Routennavigation, das Koppeln von externen Sensoren (HF,Stryd) sowie Intervallfunktionen vermissen wir zum jetzigen Zeitpunkt auch noch. Bei der Akkulaufzeit der Suunto 7 taugt eher das Smartphone als Referenz als eine andere Sportuhr. Bei häufiger Nutzung ist das Aufladen alle 1 bis 2 Tage nötig.
Fazit: Die Suunto 7 ist wohl die sportlichste Smartwatch auf dem Markt, aber wahrscheinlich nicht die beste Trainingsuhr. Wer also eine Smartwatch für den Alltag sucht und für sportliche Tätigkeiten keine andere Uhr verwenden will, ist mit dieser Uhr gut beraten. Was die Aktivitäts- und Fitnessfunktionen angeht, hinkt sie den Konkurrenzmodellen dieses Tests hinterher, auch wenn Suunto hier Softwar-Updates verspricht. Generell ist eine Suunto Uhr immer eine lohnende Investition in die Zukunft. Suunto versorgt euch regelmäßig mit Software-Updates, die die Uhr up to date halten ohne dass man sich ein neues Modell holen muss. Kleine Kinderkrankheiten eines neu gelaunchten Produkts muss man am Anfang in Kauf nehmen.
UPDATE: Mit dem neuen Software-Update (11.12.2020) hat die Suunto 7 einige neue Funktionen dazu erhalten, die wie zuvor vermissten.
Alternative:
Suunto Baro 9
Die beste Uhr von Suunto für einen Großteil der Trail-Läufer wird die Suunto 9 bleiben. Sie bietet alle üblichen Trainings- und Navigationsfunktionen, eine sehr intuitive Menüführung und eine superlange Akkulaufzeit mit intelligentem Akkumanagement. Ein ausführlicher Test fand sich in der TRAIL 05/2019.