Peter Wohlleben ist Bestellerautor. „Das geheime Leben der Bäume“. Vor allem ist er ein Förster, der vieles anders macht. Für ihn ist der Wald keine Holzplantage, sondern Lebensraum. Für Pflanzen, Tiere, Menschen und, ja, auch für Läufer
Wann sollten wir also in den Wald aufbrechen, um die schönsten Erfahrungen zu machen?
Ich finde den frühen Morgen am schönsten. Dann ist es ruhig im Bezug auf die Menschen, aber sehr laut im Bezug auf die Tiere. Waldtiere sind ja entgegen der landläufigen Meinung nur zu einem geringen Teil nachtaktiv. Morgens ist also richtig was los im Wald. Die Tiere stehen auf, haben vielleicht gerade das Frühstück hinter sich. Vor allem die Hintergrundgeräusche der Zivilisation sind dann noch nicht so stark.
Nun komme ich aber frühmorgens in den Wald nicht nur, um zu lauschen, sondern vor allem um zu laufen. Sagen Sie da als Anwalt des Waldes irgendwann: Halt, bis hierhin und nicht weiter?
Die Frage heißt also: Was passiert, wenn ich auf Waldboden trete? Da passiert erstmal nichts Außergewöhnliches, schließlich sind eine Menge Waldbewohner ja ähnlich groß und ähnlich schwer wie ein Mensch. Es sind ganz andere von Menschen gemachte Eingriffe, die den Wald in seiner Substanz gefährden, die in der industrialisierten Fortswirtschaft übliche Arbeit mit den Vollerntemaschinen zum Beipsiel, so genannte Harvester. Ein Harvester wiegt bis zu 40 Tonnen. Diese Form der Holzernte hinterlässt Schäden, die sich nach Meinung von Experten erst nach der nächsten Eiszeit wieder regenerieren können. Theoretisch gesprochen. Praktisch heißt das: Dieser Waldboden taugt nicht mehr als Flüssikeitsreservat oder Nährstoffspeicher.
Sie als Förster geben uns Läufern also eine Freifahrtschein?
Nun, Sie sollten vielleicht nicht unbedingt permanent durchs Unterholz kriechen. Aber das entspräche ja auch kaum Ihrem Sport, schließlich wollen Sie rennen und nicht kriechen. Umso dichter, undurchdringlicher die Flora wird, umso wahrscheinlicher sind Sie auch inmitten der Fauna angekommen. Bestimmte Bodenbrüter finden das schon auch nicht so toll, wenn Sie da rumlaufen. Aber auch das wäre bei einer einmaligen Begegnung vermutlich noch kein Drama. Aber umgekehrt gilt auch: Sie wollen ja nicht permanent in Brombeerhecken stecken bleiben.Machen Sie es also wie die Wildtiere, nehmen Sie deren Wege. Auf denen kommt man wunderbar voran.
Hirsch, Reh und Wildschwein haben quasi ihre eigenen Trails?
Absolut, nur dass es dafür einen anderen Begriff gibt – den Wildwechsel. Tatsächlich ist es nämlich so, dass die Tiere nicht irgendwie durch den Wald laufen. Sie haben ihre festen Routen und Routinen. Ein solcher Wildwechsel kann über mehrere Generationen immer weitergegeben werden, bis er schlussendlich fast schon an einen Trampelpfad erinnert. Ein plattgetretener Pfad, der dann vielleicht 30 Zentimeter breit ist. Das reicht für einen Läufer, oder eben ein Reh.
Das komplette INTERVIEW findet ihr im kommenden TRAIL 3/2017.