DLV beruft Trail-Team Deutschland

31. Januar 2023 •

DLV beruft Trail Team Deutschland
Rosanna Buchauer und Benedikt Hoffmann! Das sind die beiden Athleten, die vom DLV in das Trail A-Team berufen wurden. Was es mit diesem Team auf sich hat, was dies für die anstehende WM in Innsbruck/Stubai bedeutet und wie die Rolle des DLV allgemein zu bewerten ist, wollen wir im Folgenden erläutern.

Am 19. Januar veröffentlichte der deutsche Leichtathletik-Verband zusammen mit den Nominierungsrichtlinien für die Berg- und Traillauf WM in Innsbruck/Stubai auch ein Berglauf/Trail-Team. Letzteres ist nicht gleichzusetzen mit den Athlet:innen, die im Juni bei der WM starten werden. Der DLV definiert den Zweck dieses Teams wie folgt:

Die Berufung eines DLV Berglauf/Trail Team Deutschland dient überwiegend dazu, den berufenen Athleten eine Perspektive für mögliche Nationalmannschaftseinsätze aufzuzeigen, ihnen damit die Saisonplanung zu erleichtern und bei der Trainingsplangestaltung zu assistieren. Direkte finanzielle Hilfen oder eine Nominierungsgarantie für die internationalen Meisterschaften leiten sich hieraus nicht ab.

Voraussetzung für die Nominierung in das A-Team ist eine gute Leistung bei vergangenen Welt- (Top 20) oder Europameisterschaften (Top 10). So lässt sich auch erklären, dass dieses Team tatsächlich nur aus jeweils einem Athleten und einer Athletin besteht. Unter anderem weil der DLV nur eine sehr kleine Delegation zur letztjährigen WM nach Thailand entsendete, waren es eben nur Rosanna Buchauer und Benedikt Hoffmann, die diese Bedingungen erfüllten. Ein Hannes Namberger, der die WM aus persönlichen Gründen kurzfristig absagte, bleibt damit nur der Platz im Perspektiv-Kader. Eine etwas merkwürdige Konstellation, wo doch jeder weiß, der diesen Sport auch nur halbwegs verfolgt, dass Hannes aktuell in Deutschland in seiner ganz eigenen Liga läuft und sich international mit den Weltbesten misst. Nun könnte man denken, dass wenigstens jener Perspektiv-Kader gut gefüllt ist. Aber weit gefehlt. Neben Hannes gehören ihm nur Jojo Klein und Sarah Kistner an. Janosch Kowalczyk, Daniela Oemus, Kim Schreiber, Ida Sophie Hegemann…wir könnten die Liste noch um viele weitere Namen ergänzen, die wir gänzlich vermissen.

Bildunterschrift (c) WMTRC Chiang Mai/ Amazing Thailand

Für die WM-Nominierungen in Tirol werden die Verantwortlichen um den Berglauf/Trail Koordinator Kurt König daher ganz offensichtlich nicht nur aus diesem Kader schöpfen können. Schließlich sollen pro Disziplin vier Athleten und Athletinnen nominiert werden, um die Chance auf eine gute Mannschaftsplatzierung zu bewahren. Tatsächlich wären sogar sechs Nominierungen pro Disziplin erlaubt. Angesichts der Tatsache, dass viele der in Frage kommenden Athlet:innen in oder um Innsbruck wohnen, würden auf den DLV eigentlich keine oder kaum Zusatzkosten zukommen, wenn sie dieses Kontingent voll ausschöpfen würden. Gerade im Ultratrail passiert es schnell, dass vielleicht zwei der vier Läufer oder Läuferinnen nicht ihren besten Tag erwischen, sich verletzen oder das Rennen aus anderen Gründen vorzeitig beenden müssen. Dann kann es schnell knapp werden mit den drei Finishs, die für die Mannschaftswertung nötig sind.

Um sich für eine Leichtathletik WM oder EM zu qualifizieren, muss man üblicherweise eine vorher festgelegte Quali-Norm erfüllen. Einen Marathon in einer bestimmten Zeit laufen oder einen Diskus x Meter weit schleudern. Beim Trailrunning ist dies naturgemäß schwierig. Man konnte also gespannt sein, anhand welcher Parameter der DLV für die Trail- und Berglauf WM nominieren wird. Aus den erst in diesem Monat veröffentlichten Nominierungsrichtlinien konnten wir entnehmen, dass sich der DLV gegen einen Qualifikationswettkampf entschieden hat. Eine gute Entscheidung, wie wir finden. Aus Fairness-Gesichtspunkten mag die Idee eines Quali-Wettkampfes zwar attraktiv wirken. Angesichts des vollgestopften Wettkampf-Kalender der Elite-Athlet:innen, wäre es aber einfach nicht realistisch die besten Trailäufer und -läuferinnen Deutschlands zu einem weiteren Fix-Termin an eine Startlinie zu bekommen. Zumal solch ein Wettkampf, zumindest beim Ultratrail, auch schon letztes Jahr hätte stattfinden müssen. Insgesamt ist der DLV , wie wir finden, etwas spät dran mit den Nominierungen. Anfang April wird es beim Ötzi Trailrun Naturns einen 30 Kilometer langen Sichtungswettkampf für die WM-Disziplinen Short- und Longtrail geben. Dass die Strecke etwas kurz ist, um eine wirkliche Aussagekraft über die Fähigkeiten der Läufer in die Disziplin Long Trail zu treffen, geschenkt. Aber dass die Läufer erst Mitte April (Long Trail) bzw. Anfang Mai (Short Trail und Berglauf), also erst einen guten Monat vor dem Event, erfahren, ob sie laufen dürfen oder nicht, ist doch äußerst knapp. Planungssicherheit ist damit kaum vorhanden und der Athlet muss trainings-methodisch alles auf die Karte WM setzen, mit dem Risiko, dass er kurz bevor die Taperingphase beginnt, doch noch die Absage kassiert.

(c) Helge Roeske

Die Entscheidung eines Athleten oder einer Athletin für eine Teilnahme bei einer Trail-Weltmeisterschaft ist schon jetzt keine Selbstverständlichkeit mehr. Da gibt es einfach zu viele Wettbewerbe in diesem Sport, die mindestens ähnliches Prestige aufweisen und mit Sicherheit auch aus finanzieller Sicht deutlich attraktiver sind für die Athlet:innen (und ihre Sponsoren). Die diesjährige WM hat, als „Quasi-Heim-WM“, zwar nochmal einen besonderen Stellenwert, in zwei Jahren kann dies aber schon wieder anders aussehen. Wenn ein nominierender Verband also daran interessiert ist das best-möglichste Team bei diesen Meisterschaften an die Startlinie zu bringen, täte er gut daran, die Teilnahme für diese Athlet:innen möglichst attraktiv oder zumindest hürdenfrei zu gestalten.

Eine Weltmeisterschaft sollte ein Kräftemessen der besten Athlet:innen der Welt sein. Wir würden uns daher wünschen, dass die besten deutschen Trailläufer und Trailläuferinnen in möglichst großer Zahl bei WM’s und EM’s an den Start gehen. Man muss fairerweise darlegen, dass ein Verband wie der DLV mit seinen Statuten und etablierten Strukturen so aufgebaut ist, wie er nunmal ist und dass dem Sport Trailrunning, neben all den anderen (meistens olympischen) Disziplinen, die der DLV betreut, eben nur ein begrenztes Maß an Aufmerksamkeit, Kapazität und auch Budget zugestanden werden kann. Schlussendlich ist es dann aber folgende Frage, die sich aufdrängt: Ist der DLV die richtige Organisation, um den Sport Trailrunning im Sinne seiner eigenen Identität und Interessen voranzubringen?

von Benni Bublak

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